Folgende Unterlagen zusammengestellt von Wolfgang Kremser:
In Österreich gilt die österreichische Straßenverkehrsordnung (StVO) in der geltenden Fassung.
Sie unterscheidet sich zu den Straßenverkehrsordnungen in den Nachbarländern und anderen Staaten.
Zuerst finden sie den Gesetzestext, danach einige Erläuterungen dazu.
Was sagt die österreichische Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960 in der derzeit geltenden Fassung (Oktober 2015)?
Zitat:
§ 3. Vertrauensgrundsatz.
(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme;
dessen ungeachtet darf jeder Straßenbenützer vertrauen, dass andere Personen die für die Benützung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen, außer er müsste annehmen, dass es sich um Kinder, Menschen mit Sehbehinderung mit weißem Stock oder gelber Armbinde, Menschen mit offensichtlicher körperlicher Beeinträchtigung oder um Personen handelt, aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden muss, dass sie unfähig sind, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.
(2) Der Lenker eines Fahrzeuges hat sich gegenüber Personen, gegenüber denen der Vertrauensgrundsatz gemäß Abs. 1 nicht gilt, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft so zu verhalten, daß eine Gefährdung dieser Personen ausgeschlossen ist.
Ende Zitat.
Hörbehinderte und gehörlose Menschen sind seit der StVO-Novelle 2005 nicht mehr vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen.
Seit dieser Zeit ist der Erwerb einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge durch hörbehinderte und gehörlose Menschen, werden die Voraussetzungen für den Erwerb einer Lenkerberechtigung erfüllt, möglich.
Gemäß § 3 Abs. 1 StVO sind sehbehinderte oder blinde Menschen mit weißem Stock oder gelber Armbinde vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen.
Das bedeutet, dass sich andere Straßenbenützer gegenüber solchen Personen nicht darauf verlassen dürfen, dass diese die Straßenbenützungsvorschriften einhalten (weil sie gewisse Dinge eben einfach nicht wahrnehmen können), was wiederum einen Schutz für den sehbehinderten oder blinden Straßenverkehrsteilnehmer bedeutet.
Dazu teilte das Bundesministerium für Verkehr in einer nach wie vor gültigen Information vom September 1999 (Mag. Christian Kainzmeier) folgendes mit:
„Benützt ein Nicht-Behinderter diese Hilfsmittel, so ist das (zumindest nach der StVO) nicht strafbar. Umgekehrt ist kein Behinderter verpflichtet, einen Stock oder eine Armbinde zu benützen; er kann sich dann aber auch auf die Schutzwirkung des § 3 Abs. 1 nicht verlassen. Für andere Straßenbenützer gilt jedenfalls, dass gegenüber Personen mit weißem Stock oder gelber Armbinde der Vertrauensgrundsatz nicht zur Anwendung kommt (auch wenn Stock oder Armbinde „missbräuchlich“ verwendet werden sollten).“
Ende Zitat.
Genauere Beschreibungen über das Aussehen der gelben Armbinde oder des weißen Stocks enthält die StVO nicht.
Aus diesem Grund ist das Tragen der gelben Blinden-Armbinde sowohl mit dem alten Symbol (drei schwarze Punkte in v-förmiger Anordnung auf gelbem Grund) als auch dem neuen Symbol (schwarze geschlechtsneutrale Person mit Langstock auf gelbem Grund) möglich. Bevorzugt sollte aber die gelbe Armbinde mit dem neuen Symbol verwendet werden.
Das Aussehen der neuen gelben Armbinde ist in der ÖNORM V 2106 festgelegt (schwarze geschlechtsneutrale Person mit Blinden-Langstock auf gelbem Grund).
Ein „Blindenstock“ muss mindestens zu 2/3 Teilen weiß sein. Um die Signalwirkung noch zu verstärken (insbesondere bei Dunkelheit) sollte der Schaft reflektierend beschichtet sein. Am unteren Teil des Stockes kann zusätzlich ein roter (reflektierender) Streifen angebracht sein, um die Auffälligkeit zu erhöhen.
Die Kennzeichnung eines sehbehinderten oder blinden Straßenverkehrsteilnehmers liegt in dessen Eigenverantwortung und Eigeninteresse.
Eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht für behinderte StraßenverkehrsteilnehmerInnen gibt es in Österreich nicht.
Um als sehbehinderter oder blinder Straßenverkehrsteilnehmer von allen Seiten möglichst gut erkannt zu werden, sollte die gelbe Armbinde auf beiden Oberarmen getragen werden. Aus verschiedenen Positionen, vor allem von hinten, ist der weiße Blindenstock einer sehbehinderten oder blinden Person nur schlecht bis gar nicht zu sehen, was vom Benutzer des Blindenstockes auch bedacht werden sollte (zusätzliches Tragen von zwei Armbinden).
Eine Kennzeichnung durch diverse kleine Anstecker und Buttons zum Anbringen auf der Kleidung mit Blindensymbol oder Ähnliches erfüllt ihren Zweck nur auf geringe Distanzen und in geschlossenen Räumen. Als Kennzeichnung einer Sehbehinderung gemäß StVO und damit als Verkehrsschutzzeichen sind diese Utensilien im Straßenverkehr nicht geeignet!
Ein möglicherweise mit einer Schutzdecke oder Führgeschirr mit Blindensymbol gekennzeichneter Blindenführhund gilt nicht als Verkehrsschutzzeichen für den Hundeführer!
In jedem Fall muss die sehbehinderte oder blinde Person durch Armbinde oder weißen Stock gekennzeichnet sein, um vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen zu sein.
Helle kontrastreiche Kleidung kann zusätzlich zu einer besseren Erkennbarkeit als Fußgänger beitragen. Reflektierende Materialien an Kleidungsstücken oder Gegenständen (z.B. Reflexionsstreifen an den Unterarmen, Schultaschen bzw. Rucksäcken) können, vor allem in der Nacht, die Erkennbarkeit der Person wesentlich erhöhen.
Unter besonders schwierigen Bedingungen (z.B. Bewältigung von Wegen auf stark befahrenen Straßen ohne Gehsteige) kann auch gelbe oder orange Schutzkleidung mit Reflexionsstreifen verwendet werden, allerdings sollte sich die gelbe Armbinde deutlich abzeichnen, um sicher erkannt zu werden.
Verursacht ein weder durch gelbe Armbinde noch durch weißen Stock gekennzeichneter sehbehinderter oder blinder Straßenverkehrsteilnehmer einen Verkehrsunfall oder war daran beteiligt, so kann dies in einem folgenden Gerichtsverfahren für den nicht gekennzeichneten Verkehrsteilnehmer negative Folgen haben.
Wichtig:
Das Tragen von gelber Armbinde bzw. weißem Stock enthebt den Träger im eigenen Interesse nicht vor der Verpflichtung, die für die Benützung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften zu befolgen.
Im Interesse der eigenen Sicherheit sollte vor Querung einer Fahrbahn im Gehen vor der Randsteinkante angehalten werden, um sich überzeugen zu können, dass sich kein Fahrzeug nähert.
Durch entsprechendes Verhalten alsFußgänger am Fahrbahnrand kann Fahrzeuglenkern die beabsichtigte Fahrbahnquerung angezeigt werden.
Letztere Vorgangsweise gewinnt für sehbehinderte und blinde Menschen im Interesse der eigenen Sicherheit immer mehr an Bedeutung, da geräuscharme fahrzeuge wie Fahrräder, Hybrid- und Elektrofahrzeuge im umgebungslärm meist NICHT! rechtzeitig von sehbehinderten oder blinden Menschen akustisch wahrgenommen werden können.
Wolfgang Kremser
Neilreichgasse 99/9/12
A-1100 Wien, Österreich
E-Mail: wolfgang.kremser@gmx.at
Tel. Festnetz: (+43) 01 604 13 58 (Anrufbeantworter)
Tel. Mobil: (+43) 0 664 25 45 999